Durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz wurde auch das Nachweisgesetz geändert. Arbeitgeber müssen Arbeitnehmer nun nicht mehr in Schriftform, sondern grundsätzlich nur in Textform über die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses informieren. Damit sind nun auch digitale Arbeitsverträge möglich. Auswirkungen hat dies auch auf die Arbeitnehmerüberlassung.
Nach deutschem Recht ist keine besondere Form für den Abschluss eines Arbeitsvertrages vorgesehen (§ 611a Abs. 1 BGB). Ein Arbeitsvertrag kann daher in jeder denkbaren Form geschlossen werden. Sogar mündliche Arbeitsverträge wären wirksam. Dies führt indes zu Beweisproblemen: Die wesentlichen Vertragsbedingungen ergeben sich im Fall eines mündlichen Arbeitsvertrages nicht aus einem schriftlichen Arbeitsvertrag. In Streitfällen können beide Parteien nur schwer beweisen, welche Vertragsbedingungen tatsächlich vereinbart worden sind.
Aus diesem Grund verpflichtet das Nachweisgesetz (NachwG) den Arbeitgeber, einen Nachweis über wesentliche Vertragsbedingungen zu erstellen und dem Arbeitnehmer zu übermitteln. Der gesetzlich zwingende Inhalt dieses Nachweises ergibt sich aus § 2 Abs. 1 S. 7 NachwG. Die Nachweispflicht umfasst unter anderem Angaben zum Arbeitsort, zur Arbeitszeit, zum jährlichen Erholungsurlaub sowie zum vereinbarten Entgelt. Ein Teil der Angaben muss bereits am ersten Tag der Beschäftigung nachgewiesen werden. Für die übrigen Angaben ist eine Frist von sieben Tagen oder einem Monat zu berücksichtigen.
Bis zur Änderung durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz am 1. Januar 2025 mussten diese Nachweise in Schriftform an den Arbeitnehmer übergeben werden. Schriftform setzt nach § 126 Abs. 1 BGB voraus, dass der Aussteller eine Urkunde handschriftlich unterzeichnet. Dies schließt eine lediglich digitale Unterzeichnung ebenso aus wie eine Übermittlung des Nachweises per E-Mail. Dies würde nur der Textform gemäß § 126b BGB, nicht aber der Schriftform genügen.
Hiernach konnte zwar auch in der Vergangenheit ein Arbeitsvertrag etwa per E-Mail geschlossen werden. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer eine Datei des Arbeitsvertrages mit den wesentlichen Vertragsbedingungen. Diese waren dem Arbeitnehmer indes nicht in Schriftform, sondern nur in Textform nachgewiesen. Den Vorgaben des Nachweisgesetzes genügte dies nicht. Händigt der Arbeitgeber Nachweise allerdings nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aus, kann dies den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen (§ 4 Abs. 1 NachwG). Diese Ordnungswidrigkeit kann mit einem Bußgeld bis zu 2.000 Euro geahndet werden (§ 4 Abs. 2 NachwG).
In der Vergangenheit war zum digitalen Abschluss eines Arbeitsvertrages daher nicht zu raten: Der Vorteil einer digitalen Unterzeichnung und schnellen Übermittlung der Dokumente wurde durch die Vorschriften des Nachweisgesetzes relativiert. Denn in allen Fällen eines „digitalen Vertragsschlusses“ musste der Arbeitgeber anschließend dennoch in Schriftform die wesentlichen Vertragsbedingungen nachweisen.
Durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz kann dieser Nachweis nun grundsätzlich auch in Textform und damit beispielsweise per Mail erfolgen. Voraussetzung ist, dass das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen (§ 2 Abs. 1 S. 2 NachwG). Hiernach können Arbeitsverträge nunmehr auch als Datei übermittelt werden. Die Vertragsparteien sollten jedoch darauf achten, dass gleichwohl die beiderseitige Zustimmung zu dem Vertragsdokument nachgewiesen werden kann. Dies ist etwa durch digitale Unterschriften oder durch eine ausdrückliche Annahme des Vertrages per E-Mail möglich.
In besonderen Fällen ist allerdings auch in Zukunft ein Abschluss des Arbeitsvertrages in Textform ausgeschlossen. Soll mit dem Arbeitnehmer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden, muss dies in Schriftform vereinbart werden (§ 90a Abs. 1 S. 1 HGB). Befristete Arbeitsverträge müssen ebenfalls in Schriftform geschlossen werden (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Bei einem Verstoß ist das Wettbewerbsverbot oder die Befristung unwirksam. Schließlich bedarf auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Schriftform: Kündigungen oder Aufhebungsverträge per E-Mail sind auch künftig unwirksam.
Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz hat zudem Auswirkungen auf die Arbeitnehmerüberlassung. Bislang mussten Verträge zwischen dem Entleiher und dem Verleiher von Leiharbeitnehmern ebenfalls in Schriftform geschlossen werden. Seit dem 1. Januar 2025 genügt auch für diese Verträge nunmehr die Textform (§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG). Dies dürfte auch zu Erleichterungen auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung führen. Nach § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG müssen Verleiher und Entleiher den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnen. Vor Überlassung eines Arbeitnehmers muss dieser unter Bezugnahme auf den Vertrag konkretisiert werden (§ 1 Abs. 1 S. 6 AÜG). Verstöße gegen diese Vorschriften können zur Unwirksamkeit der Arbeitnehmerüberlassung führen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG). In diesen Fällen kommt ein Arbeitsvertrag zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer zustande (§ 10 Abs. 1 S. 1 AÜG).
Dieser Vertrag musste bisher in Schriftform geschlossen werden. Dies war insbesondere in Fällen kurzfristiger Arbeitnehmerüberlassung problematisch. Ein Verstoß hiergegen konnte einen Arbeitsvertrag zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer begründen. Die gesetzliche Neuregelung des § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG, wonach dieser Vertrag künftig in Textform geschlossen werden darf, kann zur Reduzierung von Risiken beitragen.
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