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Wesentliche Steuerrechtsänderungen zum Jahresende

Legal Insights Germany

18. Dezember 2023

Derzeit sieht der Gesetzgeber eine Vielzahl von Änderungen vor, die ganz erhebliche Auswirkungen auf die Steuerpflichtigen haben werden. Zu nennen sind insbesondere das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz), sowie das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz).

Aufgrund der zeitlichen Verzögerungen, insbesondere als Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.11.2023, sollen ausgewählte steuerliche Änderungen nunmehr ganz kurzfristig in das Gesetz zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer und zur Änderung weiterer finanzrechtlicher Bestimmungen (Kreditzweitmarktförderungsgesetz) aufgenommen werden.

Nachfolgend geben wir einen Überblick über wesentliche Entwicklungen bzw. Änderungen der steuerlichen Regelungen sowie den aktuellen Stand der Gesetzgebungsverfahren (bei Redaktionsschluss).

Kreditzweitmarktförderungsgesetz

Regierungs- und Unionsfraktionen konnten sich insbesondere aufgrund der haushaltspolitischen Diskussionen im Nachgang zum Urteil des BVerfG nicht zum Wachstumschancengesetz einigen. Vor diesem Hintergrund wurden ausgewählte Regelungen des Wachstumschancengesetzes ganz kurzfristig in das Gesetzgebungsverfahren zum Kreditzweitmarktförderungsgesetz überführt; dies betrifft insbesondere die folgenden Punkte:

  • Verschärfung der Regelungen zur Zinsschranke, insbesondere Ausweitung der Zinsschranke auf „wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen uns sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital“ (§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG) sowie Verschärfung der sog. Stand-alone-Klausel (§ 4h Abs. 2 Satz1 EStG). Dagegen bleiben Zinsaufwendungen und – erträge aus Darlehen zur Finanzierung von öffentlichen Infrastrukturprojekten für Zwecke der Zinsschranke zukünftig unberücksichtigt (§ 4h Abs. 6 EStG).
  • Fortgeltung der gesamthänderischen Bindung bei Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Reaktion auf die weitestgehende Aufhebung der gesamthänderischen Bindung nach dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG). Die Regelung ist auf drei Jahre begrenzt und soll einen reibungslosen Fortbestand des Status Quo ungeachtet etwaiger Änderungen durch das MoPeG sicherstellen (§ 24 GrEStG).
  • Weitreichende Regelungen zur Qualifizierung und Erfassung von rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen sowie von Körperschaften mit Sitz im Ausland (§§ 14a, 14b AO).

Der Bundestag hat das Kreditzweitmarktförderungsgesetz am 14.12.23 beschlossen und der Bundesrat diesem am 15.12.23 zugestimmt.

Wachstumschancengesetz

Der Bundestag hat am 17.11.2023 in 2./3. Lesung das Wachstumschancengesetz beschlossen. Dieses enthält im Vergleich zum Regierungsentwurf (siehe hierzu unser Artikel vom 26.09.2023), eine Vielzahl von Änderungen, die teilweise auch auf Anregung des Bundesrats aufgenommen wurden.

Die Länderkammer hat – ungeachtet der Berücksichtigung von Anregungen des Bundesrates durch den Bundestag – das Vorhaben am 24.11.2023 in den Vermittlungsausschuss verwiesen und eine “grundlegende Überarbeitung des Gesetzes” verlangt. Auch aufgrund der unklaren Haushaltslage vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.23 zum Einsatz von Kreditermächtigungen (hier: sog. Klima- und Transformationsfonds) konnten sich Vertreter von Bund und Ländern jedoch nicht auf Kompromisslinien für ein Vermittlungsverfahren verständigen.

Soweit steuerliche Änderungen nicht in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz überführt wurden (s.o.), sollen diese voraussichtlich Anfang 2024 im Vermittlungsausschuss beraten werden.

Wesentliche ertragsteuerliche Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf

  • Streichung der Zinshöhenschranke und stattdessen Verschärfung der Anforderungen für die Anerkennung von grenzüberschreitenden Finanzierungen (§ 1 Abs. 3d und 3e AStG-E)
  • Erhöhung der Verlustrücktragsmöglichkeiten auf jeweils EUR 10 / 20 Mio. für 2024 und 2025 (danach EUR 5 Mio.) sowie zeitliche befristete Entschärfung der Mindestbesteuerung mit Verrechnungsmöglichkeit von 75% anstelle 60% für vier Jahre (§ 10d EStG-E)
  • Streichung der Regelung zur zusammenfassenden Freigrenze in Konzernfällen bei der Zinsschranke (sog. Anti-Fragmentierungsregelung, im Regierungsentwurf noch enthalten in § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) EStG-E); die Ausweitung der Zinsschranke auf „wirtschaftlich gleichwertig Aufwendungen“ sowie weitere Änderungen werden nunmehr über das Kreditzweitmarktförderungsgesetz erfasst (s.o.)
  • Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs der Option zur Körperschaftsbesteuerung auf eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts (§ 1 Abs. 1a KStG-E)
  • Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen auch auf Einkünfte, die nach DBA steuerfrei gestellt sind (Erweiterung des § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG-E) sowie Treaty-Override im Hinblick auf Anrechnungsbeschränkungen nach § 36a Abs. 1 Satz 1 EStG.

 Weitere wesentliche Änderungen im Vergleich zum Regierungsentwurf

  • GrEStG: Einführung einer Regelung zur Fortgeltung der gesamthänderischen Bindung bei Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer. Hintergrund hierfür ist die weitestgehende Aufhebung der gesamthänderischen Bindung nach den Änderungen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG); mit dieser befristeten Regelung soll der Status Quo für Zwecke der Grunderwerbsteuer bis zu einer finalen gesetzgeberischen Anpassung sichergestellt werden (nunmehr im Kreditzweitmarktförderungsgesetz erfasst, s.o.)
  • Abgabenordnung: Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen (Änderung zur Prüfung der Einkünfte- oder Einkommensschwelle, § 138l Absatz 5 AO-E)
  • InvStG: Nichtberücksichtigung von Immobilien und Immobilien-Gesellschaften bei der Bestimmung der Immobilienteilfreistellung bei fehlender oder unzureichender Vorbelastung (§ 2 Abs. 9a InvStG-E).

Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Anders als im Wachstumschancen- bzw. Kreditzweitmarktförderungsgesetz sind die im Zuge der parlamentarischen Beratungen noch vorgenommenen Anpassungen im Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz, das der Bundestag am 10.11.23 beschlossen hat, recht überschaubar.

Die wesentlichen Inhalte sind daher unserem Artikel vom 26.09.2023 zum Regierungsentwurf zu entnehmen.

Positiv hervorzuheben sind insbesondere die Absenkung der Niedrigsteuergrenze gem. § 8 Abs. 5 AStG von 25% auf 15%, sowie die entsprechende Absenkung des Niedrigsteuersatzes bei der Lizenzschranke (§ 4j EStG-E). Im Gegenzug bleibt es, anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen, weiterhin bei der Gewerbesteuerpflicht auf die Hinzurechnungsbeträge (§ 7 Sätze 7 – 9 GewStG).

Nach den Vorgaben der Richtlinie ist das Gesetzgebungsverfahren bis Ende des Jahres 2023 abzuschließen. Der Bundesrat hat am 15.12.2023 zugestimmt. Das Gesetz tritt am Tag nach Verkündung in Kraft.

Zukunftsfinanzierungsgesetz

Der Bundesrat hat am 24.11.2023 dem Zukunftsfinanzierungsgesetz, das der Bundestag am 17.11.2023 verabschiedet hatte, final zugestimmt. Es tritt damit im Wesentlichen am Tag nach Verkündung bzw. am 1. Januar 2024 in Kraft.

Die steuerlichen Änderungen entsprechen im Wesentlichen dem Referentenentwurf vom 12.04.2023 und können daher unserem Beitrag vom 01.06.2023 entnommen werden.

Zu erwähnen ist insbesondere, dass die vorgesehene Erweiterung der umsatzsteuerlichen Befreiungstatbestände auf die Verwaltung von alternativen Investmentfonds (AIF) gem. § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG umgesetzt wurde, dagegen wurde die Umsatzsteuerbefreiung für Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten (§ 4 Nr. 8 Buchst. a) und g) UStG-E) gestrichen.

Im Bereich der Vorteilsgewährungen für Arbeitnehmer wurde die Steuerfreistellung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen auf eine Beteiligungshöhe von bis zu 25% erweitert (§ 3 Nr. 71 Buchst. a) EStG).

Ferner wurde zum Nachteil der Steuerpflichtigen nunmehr geregelt, dass ein lohnsteuerpflichtiger Zufluss auch bei vinkulierten bzw. nicht veräußerbaren Beteiligungen anzunehmen ist (§ 19a Abs. 1 Satz 3 EStG). Die im Referentenentwurf noch vorgesehene Erhöhung des Steuerfreibetrags für die Überlassung von Vermögensbeteiligungen auf EUR 5.000, beträgt jetzt nur noch EUR 2.000 (§ 3 Nr. 39 EStG).

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